Die Übersetzung des Wortes "Kefir" aus dem Kaukasischen, bedeutet so viel
wie "die Wonne, das Wohlbefinden" (von "Keyf") oder "schäumend" (von
"koepur"). Andere Wortableitungen bedeuten so viel wie "berauschend" (von
"kef") oder "beste Qualität" (von "Kefy"). All diese Bedeutungen, vereint
zu dem Wort "Kefir", heißt die heutzutage übliche Übersetzung
"Wonnetrunk".
Der Kefir ist ein Sauermilchprodukt, ähnlich dem Joghurt, aber für
Selbsthersteller viel leichter zuzubereiten als der wesentlich bekanntere
Joghurt. Benötigt werden "gute", das heißt keimfreie Milch (am besten
ultrahocherhitzte Milch, sogenannte "H-Milch") und die Kefirknöllchen oder
der Kefirpilz. Letzerer wird in seinem Herkunftsland, dem Kaukasus, die
"Hirse des Propheten" genannt, was wohl auch einen besonderen
geschichtlichen Hintergrund hat und auf die Verbreitung des Kefirs, bereits
zu Mohammeds Zeiten, schließen lässt. Diese Kefirkörner oder -knöllchen,
die bei guter Pflege zur stattlichen Größe einer Walnuß oder mehr
heranwachsen können, braucht man sich normalerweise nur einmal zu
beschaffen, um sie bei entsprechender Pflege und Fortzüchtung jederzeit zur
Verfügung zu haben. Bei der Anschaffung dieser Kefirpilze und -knöllchen
sollte jedoch unbedingt auf ihre Leistungsfähigkeit geachtet werden. So
sind getrocknete oder tiefgefrorene Kefirknöllchen, die gelegentlich im
Handel angeboten werden, oft wertlos, da sie diese Strapaze meist nicht
überstehen, innerhalb weniger Wochen völlig kraftlos werden und absterben.
Der Kefirpilz ist an sich kein einzelner Pilz, sondern eine Vielzahl von
diversen Hefepilzen und verschiedenen Milchsäurebakterien, die zum
wechselseitigen Vorteil in einer Symbiose zusammenleben. Diese Symbiose kann
mit den Pilz-Baum-Symbiosen verglichen werden, zum Beispiel mit dem
gemeinsamen Auftreten von Pfifferlingen im sauren Nadelwaldboden. Seit mehr
als einem Jahrtausend macht sich der Mensch diese Pilz-Bakterien- Symbiose
in der Milch zunutze, indem er die Kefirpilze und -knöllchen pflegt und
vermehrt. Sie vermehren sich aber nur, wenn ihre Zusammensetzung stimmt. Als
"echte" Kefirpilze gelten daher nur Körner oder Knollen, die sich auch
vermehren.
Von den übrigen Sauermilchgetränken unterscheidet sich der "echte" Kefir
dadurch, dass zu seiner Herstellung Pilze benötigt werden, während die
Entstehung von Sauermilch und Joghurt nur auf Bakterienkulturen
zurückzuführen ist. Ein weiterer Unterschied zu den anderen
Sauermilchprodukten ist, dass im Kefir zusätzlich Ethanol und Kohlendioxid
entstehen, also eine alkoholische Vergärung des Milchzuckers stattfindet.
Obwohl der natürliche Alkoholgehalt des Kefirs minimal ist (er beträgt nur
0,5%), verdankt der Kefir diesem Alkohol seinen besonders pikanten Geschmack
(zum Vergleich: auch alkoholfreies Bier und Malzbier dürfen einen geringen
Alkoholgehalt von maximal 0,5g/l aufweisen, trotz der Bezeichnung
"alkoholfrei", da der Alkoholgehalt so niedrig ist, dass der Alkohol
schneller im Stoffwechsel abgebaut wird, als er normalerweise durch die
Getränke im Blut angesammelt werden könnte; (Anmerkung der Redaktion). Das
Kohlendioxid bewirkt außerdem den besonders erfrischenden und
durstlöschenden Charakter des Kefirs. Durch gezielte Zubereitung und
Nachvergärung des Kefirs, kann man einen besonders prickelnden Kefir,
nämlich den "Champagner"-Kefir herstellen.
Nicht nur wegen seines erfrischenden und durstlöschenden Wohlgeschmacks,
hat der Kefir über den Kaukasus hinaus, weite Verbreitung gefunden, sondern
auch wegen seiner guten Verdaulichkeit und Heilwirkung. So soll zum Beispiel
das hohe Alter vieler Kaukasier und ihre weitgehende Freiheit von
Zivilisationskrankheiten, auf den regelmäßigen Kefirgenuss, von frühester
Kindheit an, zurückzuführen sein. Der Kefir ist natürlich kein
Allheilmittel gegen alle möglichen Krankheiten. Aber, aus Magermilch
hergestellter Kefir wird zum Beispiel denjenigen empfohlen, die eine
Schlankheitskur durchführen wollen.
Kefir wird normalerweise gut vertragen. Wer Buttermilch trinken kann, der
verträgt auch Kefir. Wer jedoch einen Überschuß an freier Salzsäure im
Magen hat, verträgt ihn nicht, und sollte ihn zumindest für die Dauer
seines "sauren Magens" meiden. Wo aber ein Mangel der Salzsäure im
Magensaft festgestellt ist, da wird Kefir geradezu unersetzlich.
Nachdem der Kefir vor gut 100 Jahren durch Reisende und Wissenschaftler in
Mitteleuropa verbreitet wurde, und sich um die letzte Jahrhundertwende
geradezu ein Kefir "Boom" breitgemacht hatte - dieses besonders in Rußland,
aber auch in Deutschland -, ist heutzutage die Kenntnis von diesem Getränk,
insbesondere die Selbstherstellung, sehr in Vergessenheit geraten.
Industriell hergestellter Kefir, wie man ihn heutzulande kauft, schmeckt
leider nie so gut, wie er eigentlich schmecken könnte oder sollte. Das
liegt nicht nur an den Kunststoffverpackungen, in denen der Kefir in den
Handel kommt, und in denen das Kohlendioxid höchstens in geringen Mengen
enthalten ist, da die Packungen sich sonst zu stark aufblähen würden.
Meistens arbeiten die kefirproduzierenden Molkereien nämlich gar nicht mehr
mit dem eigentlichen Kefirpilz, sondern setzen zur Milchsäuerung nur einige
bestimmte Bakterienkulturen zu. Da dieses Produkt somit meist auch keinen
Alkohol enthält, handelt es sich bei diesem Kefir niemals um das
authentische, kaukasische Kefirgetränk, sondern nur um ein kefirähnliches
Produkt. Wer also "echten" Kefir haben möchte, der muss ihn sich selbst
zubereiten. Das ist ohne besonders komplizierten Aufwand möglich und
letztendlich auch ergiebiger - weil billiger!