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Keine Angabe
Aus kleinem Kraut wurde grosser Kohl
Urahn der heutzutage stattlichen Kohlfamilie ist ein eher schmaechtiges
Blattgewaechs: der Wildkohl. Griechen und Roemer kultivierten ihn
bereits im 4. und 3. Jh. v.Chr. Die Griechen nannten ihn 'krambe'. Und
das heisst Meerkohl.
Denn Kohlpflanzen lieben das feuchte Seeklima:
Historische Aufzeichnungen belegen, dass Wildkohl schon vor mehr als
2.500 Jahren an den Kuesten Kleinasiens, des oestlichen
Mittelmeerraumes, Frankreichs und Englands beheimatet war, Der
roemische Schriftsteller Plinius d.Ae.
(ca. 24-79 n.Chr.) nannte bereits sechs Wildkohlsorten, darunter auch
eine rote Variante.
Zwei prominente Sorten: Weiss und rot
In Deutschland wird Kohl zum ersten Mal im Mittelalter (9.-15. Jh.)
erwaehnt, Weiss- und Rotkohl seit dem 11. Jh.
unterschieden. Rotkohl verdankt seine Farbe uebrigens einer Laune der
Natur. Durch einen nicht mehr nachvollziehbaren Entwicklungssprung
(Mutation) bildete die Pflanze vereinzelt Anthocyan, einen
rot-violetten Farbstoff. Die mittelalterliche - lateinische -
Bezeichnung 'caput' (Kopf) laesst darauf schliessen, dass zu dieser
Zeit bereits feste Koepfe gezuechtet wurden. Noch heute erinnern das
deutsche Wort 'Kappes' und das englische 'cabbage' an den lateinischen
Wortstamm.
Hochgesteckte Zuchtziele
Um die geeigneten Kopfgroessen und -formen, Blattstaerken und
Strunkanteile fuer den Frischmarkt und die Verarbeitung (Sauerkraut) zu
erzielen, waren aufwendige Forschungen und Zuchtmethoden erforderlich.
Dasselbe gilt fuer Zuchtziele wie gleichzeitiger Reifepunkt, hoher
Ernteertrag sowie Widerstandsfaehigkeit (Resistenz) gegen Krankheiten
und Schaedlinge.
Die besondere Aufmerksamkeit der Zuechter gilt in juengster Zeit vor
allem auch der Erhoehung des Gehaltes an Vitaminen und bioaktiven
Substanzen. Um eine neue Sorte mit optimalen Eigenschaften zu erhalten,
vergehen durch komplizierte Kreuzungen und Anbauversuche etwa 15 Jahre.
Auch Wildkohl unter Kultur
Obwohl seine grossen Verwandten das Feld beherrschen, hat sich der
kleine Wildkohl nicht ganz unterkriegen lassen. In Nordfrankreich
schaetzt man ihn nach wie vor, und die Englaender erreichen durch eine
besondere Anbaumethode, dass sich ihr sog. 'seakale' (Seekohl) zu einem
schlanken, weissen Spross entwickelt, der in der feinen Gastronomie wie
Spargel serviert wird.
Kreuzbluetlers Karriere
Die zahlreichen Nachfahren des Wildkohls (botanisch: Brassica oleracea
= Kreuzbluetler) haben es zu beachtlicher Vielfalt gebracht: Beim
Weisskohl gibt es abgeflachte, hochrunde, kugelrunde und kegelfoermige
Koepfe (Filderkraut).
Ihr Gewicht kann ein halbes, aber auch ueber 10 Kilo betragen. Rotkohl,
rund oder oval-rund, bescheidet sich mit 1-3 Kilo. Aus beiden konnten
fruehe, mittelfruehe und spaete Sorten gezuechtet werden, so dass
Weiss- und Rotkohl das ganze Jahr ueber zu haben sind. Noch heute macht
Kohl seinem altgriechischen Namen 'krambe' (Meerkohl) alle Ehre: Das
groesste zusammenhaengende Kohlanbaugebiet Europas in Dithmarschen
bringt den hoechsten Ertrag und die schwersten Weisskohlkoepfe hervor.
Denn das gemaessigte, feuchte Seeklima dieser Landschaft hinter den
Deichen der schleswig-holsteinischen Nordseekueste und der schwere,
gehaltvolle Marschboden bieten ideale Voraussetzungen fuer den spaeten
Herbst- und Dauerkohl mit seinem hohen Naehrstoff- und Wasserbedarf.
Weitere grosse Anbaugebiete fuer Weisskohl sind Nordrhein-Westfalen,
Bayern, Baden-Wuerttemberg (Filderebene) und Hessen, fuer Rotkohl
Nordrhein-Westfalen und Bayern.
Der grosskoepfige Weisskohl aus Dithmarschen und Hessen sowie das
Filderkraut gehen zum groessten Teil in die Sauerkrautverarbeitung.
Fuer den Frischmarkt wird der kleinere Kohl angebaut. Er gedeiht auch
auf leichteren Boeden und in waermerem Klima, z.B. in Bayern,
Rheinland-Pfalz und am Niederrhein.
Kohl - seit der Antike aktuell
Naehrstoffreich, delikat und gesund
Solange es Menschen gibt, haben sie in der Natur nicht nur nach
Essbarem, sondern auch nach Pflanzen mit Heilkraeften gesucht. Und sie
waren in fruehesten Zeiten besonders geschickt im Aufspueren von
allerlei Gewaechsen und Kraeutern, die gesundheits- oder sogar
lebenserhaltend wirkten. Die Heilkraft von Kohlpflanzen wurde bereits
in der Antike entdeckt. Moderne Ernaehrungslehre und Medizin haben den
hohen Gesundheitswert aller Kohlsorten inzwischen unter Beweis
gestellt. Eine ausgewogene Mischung wichtiger Mineralstoffe und
Vitamine (s. Tabelle) macht Weiss- und Rotkohl zu einem
naehrstoffreichen und daher besonders gesunden Gemuese. Ausserdem
spielt auch der Gehalt an sekundaeren Pflanzenstoffen bzw. bioaktiven
Substanzen im Kohl eine bedeutende Rolle. Diese Stoffe, die die
Pflanzen in Form von Farbe, Geschmack, Duft und Zellstruktur zur
Vermehrung, zum Wachstum sowie zum Selbstschutz gegen Schaedlinge,
Krankheiten und Oxidationsprozesse bilden, ueben auch beim Menschen
spezielle Schutzfunktionen aus. Bei allen Kohlarten, vor allem beim
Weisskohl, der 49 verschiedene bioaktive Substanzen enthaelt, sind es
u.a. die Glucosinolate, deren Abbauprodukte gegen Bakterien und
Tumorbildung wirken und dem Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
vorbeugen koennen.
Dasselbe gilt fuer die Flavonoide, zu denen u.a. der rot-blaue
Farbstoff des Rotkohls gehoert.
Ihre vielseitigen positiven Funktionen umfassen vor allem auch einen
schuetzenden Einfluss auf Vitamin C.
Vorbeugend gegen Krebserkrankungen wirken schliesslich u.a. die
Lignane, Geruestsubstanzen der Ballaststoffe, an denen Kohl besonders
reich ist.
Eine Saison gibt es fuer Weiss- und Rotkohl so gut wie nicht: Je nach
Pflanzzeitpunkt wird Weisskohl als sog.
Adventskohl, der im Herbst gepflanzt wird und auf dem Feld
ueberwintert, von April bis Juni geerntet. Ihm folgen von Juni bis
September der Fruehweisskohl, von September bis Dezember der
Herbstweisskohl und von November bis Juni der Dauerweisskohl. Auch
Rotkohl kommt als Frueh-, Mittelfrueh-, Herbst- und Dauerkohl auf den
Markt. Tafelfertige Rotkohlzubereitungen im Glas sparen zudem allen,
die es eilig haben, Arbeit und Zeit.
Mahlzeiten aus dem vielseitigen Gemuese (s. Rezeptteil) sollten also
keinesfalls nur im Winter als deftige Eintoepfe auf den Tisch kommen.
Denn die ersten zarten Sorten sind im Fruehjahr und Sommer z.B. bestens
geeignet fuer frische Salate. Dazu den Kohl fein hobeln, zwei Minuten
blanchieren, kalt abschrecken und - evtl. auch mit anderen
Salatgemuesen gemischt - in einer pikant gewuerzten Kraeutermarinade
durchziehen lassen. Soll ein ganz besonderes Gemuese zu einem feinen
Fleischgericht daraus werden: Sahne mit Salz, Pfeffer, Kuemmel und
Muskat wuerzen und aufkochen. Blanchierte Kohlschnitzel darin
garduensten, das Gemuese leicht binden, Petersilie unterziehen.
Tip: Blanchierwasser wie Gemuesebruehe weiterverwenden. Durch den
Kochvorgang buesst Kohl uebrigens nicht, wie andere Gemuesesorten, sein
Vitamin C ein. Sondern durch Erhitzen entsteht im Kohl aus Ascorbigen
zusaetzliches Vitamin C.
Naehrwert
100 g enthalten
Weisskohl Rotkohl
Wasser 90,4 g 91,8 g
Protein 1,3 g 1,5 g
Fett 0,2 g 0,2 g
Kohlenhydrate 4,2 g 3,2 g
- dav. Ballaststoffe 5,0 g 2,5 g