Tägliches Getränk der Slawen und jahrhundertelang auch der Polen
waren Bier und ausgezeichneter Met. Zwar war auch Wein bekannt, doch
die "Stunde des Weins" schlug in der altpolnischen Küche erst
erheblich später.
Das Bier der Slawen war leicht, hell, grünlich in der
Farbe und schäumend. Anfänglich wurde in jedem Haus Bier
für den Eigenbedarf gebraut. Zum Frühstück gab es Biersuppe
mit Weisskäsewürfeln oder gerösteten Brotstückchen. Die
berühmte polnische Biersuppe, "Gramatka" oder "Farmuszka"
genannt, war vor allem beim Landadel bis Mitte des 19. Jh.
allgemein beliebt.
Bier und Met gab es unter den polnischen Nationalgetränken schon zu
Anfang des 16. Jh. Der bedeutende polnische
Geschichtsschreiber Jan Dlugosz (1415-1480) berichtet, dass der
Fürst von Sandomierz und Krakow Leszek der Weisse (1186-1227) den
Papst bat, ihn von dem Schwur zu entbinden, eine Pilgerfahrt in
das Heilige Land zu unternehmen. Als Begründung führte er an,
dass man dort weder Bier noch Met kenne, er jedoch keine
anderen Getränke zu sich nehme. Dieses Argument war so
stichhaltig, dass der Fürst die gewünschte Lossprechung erhielt.
Auch wird berichtet, dass Papst Clemens Viii., der 1588 als
Legat des Heiligen Stuhls in Polen weilte, zum begeisterten
Anhänger des ausgezeichneten, in Warka gebrauten Biers wurde. Als
er - schon Papst - in Rom schwer erkrankte, verlangte er in seinen
Fieberphantasien "Piva di Varca" - Bier aus Warka. Die am
päpstlichen Lager versammelten Kardinäle meinten, er flehe eine
Heilige um Hilfe an und begannen sofort zu beten: "Sancta Piva di
Varca, ora pro nobis".
Die Liste des in polnischen Städten hergestellten Biers enthielt
einige Dutzend Positionen. Das berühmte, bis auf den heutigen Tag
bekannte Bier aus Grodzisk wurde sogar nach Brandenburg
exportiert. Auch das in Klöstern gebraute Bier und das
"Adelsbier" wurde nach sorgsam gehüteten Rezepturen hagestellt.
Die Bierbrauerei war schon frühzeitig ein sehr wichtiges und
überaus lohnendes Gewerbe in Polen. So z.B. bestand schon im 15.
Jh. in Krakow eine reiche Zunft der Bierbrauer mit einer
eigenen Bastei in der Stadtmauer, von der aus sie bei
Belagerungen die Stadt verteidigten.
Heisse Bier- und Weinsuppen, nahrhaft und stärkend,
wurden zum Frühstück, seltener zum Abendessen gereicht.
Nach: Maria Lemnis, Henryk Vitry, Altpolnische Küche und
polnische Tischsitten, Verlag Interpress Warszawa 1979, ISBN
83-223-1817-0
04.03.1994