Beat Wuethrich Weltwoche 08/99 Erfasst von Rene Gagnaux
So lange ist es nicht her, dass Pouletfleisch verpoent war und als
gefaehrlich galt. Lebensgefaehrlich. Waehrend frueher halbgare
Huehnerteile noch als schick galten (Nouvelle cuisine!), ist die
Angst vor irgendwelchen Vergiftungen oder Erkrankungen groesser
geworden. Kein Gefluegelfleisch, das nicht mehr ohne Warnung verkauft
wird ("Nicht mit andern Lebensmitteln zusammenbringen, Haende, Messer
und Schneidebrett gut waschen"). Dabei gilt doch: Saemtliche
Frischfleischartikel muessen saeuberlichst behandelt und verarbeitet
werden. Hygiene ist das oberste Prinzip. Deshalb darf man ohne Angst
mit Gefluegel umgehen, es garen, braten, grillen. Wichtig ist nur:
Das Gefluegelfleisch sollte richtig durchgegart sein. Blutspuren sind
nicht erlaubt.
Marianne Kaltenbach, die grosse Schweizer Kochbuchautorin und Koechin
(ohne eigenes Restaurant), kombiniert das eher fade Gefluegelfleisch
mit getrockneten Steinpilzen. Das ist ein pfiffiges Gericht, das fuer
zwei Personen ungefaehr folgendermassen, leicht abgeaendert, zustande
kommt: Dreihundert Gramm Truten- oder Pouletbrust in feine Scheiben
schneiden (oder schneiden lassen). Eine Kinderhandvoll getrocknete
Steinpilze, das sind ungefaehr fuenfzehn Gramm - mehr schadet dem
Gericht nicht - etwa eine Viertelstunde in kaltem Wasser einweichen.
Dann die Pilze in kaltem Wasser waschen und von Hand ausdruecken. In
kleine Stuecke schneiden und gut abtropfen lassen. Die kleinste Dose
geschaelte Tomaten, die sie finden koennen, oeffnen und mit einem
Loeffelruecken oder einer Holzkelle durch ein Sieb druecken, so dass
die Kerne zurueckbleiben - die verschwinden im Bioabfall. Eine
Schalotte oder eine kleine Zwiebel in feinste Stueckchen schneiden
und in einer Bratpfanne mit einem Essloeffel Butter gelb duensten;
die Steinpilze zufuegen. Jetzt die Tomatenmasse dazugeben und
weiterduensten. Eine Tasse Gemuesebouillon ins duftende Allerlei
giessen. Ob Sie nun eine selbstgemachte oder eine
Fertig-Gemuesebruehe verwenden, sei Ihnen ueberlassen. Die
hausgemachte schmeckt alleweil besser. Etwa eine Viertelstunde leicht
koecheln lassen - ohne Deckel.
In einem separaten Topf (Toepfchen) einen Deziliter Rahm aufkochen und
anschliessend zur Sauce geben; anschliessend heisst hier: sobald die
Sauce nur noch die Haelfte ihres urspruenglichen Volumens hat,
eingekocht ist. Auf kleinstem Feuer weiterkoecheln lassen, bis die
Sauce schoen saemig ist. Mit etwas durchgepresstem Knoblauch, Salz
und Pfeffer abschmecken, abrunden. Zwei Salbeiblaetter (oder eines
oder drei) kleinschneiden und zufuegen und umruehren. Im auf siebzig
Grad vorgeheizten Backofen warmhalten.
Die geschnetzelten Gefluegelscheibchen in zwei Essloeffeln Bratbutter
in einer Pfanne schnell rundum gut anbraten, salzen, pfeffern und in
die Sauce geben. Keine Blutspuren mehr!
Nudeln oder Polenta sind ideale Beilagen. Wein? Nach Geschmack - rot,
weiss, rose. Mineralwasser oder Bier passen auch. Das Gericht ist
schliesslich eine einfache Mahlzeit.