Suesskartoffel, ein Gemuese, das auf Neuseeland, den Fidschiinseln und
Tahiti unter ein und demselben Namen bekannt ist, was uns die Frage
nahelegt, ob es diese Inseln moeglicherweise erreichte, bevor es nach
Europa gelangte (in der Tat verlaufen die Meeresstroemungen des
Suedpazifiks so, dass ein Kanu oder Floss von der Westkueste
Suedamerikas nach Tahiti und den Fidschis gelangen koennte).
Die Suesskartoffel oder Batate (Ipomoea batatas) ist ein durch und
durch amerikanisches Gewaechs, das im tropischen oder subtropischen
Amerika entstanden sein muss, denn dort ist es eine mehrjaehrige
Winde, waehrend es in den waermeren Gebieten der gemaessigten Zone
als einjaehrige Pflanze angebaut wird. Ihre amerikanische Geschichte
ist seit ihrer "Entdeckung" durch Kolumbus minutioes dokumentiert;
Kolumbus berichtete von verschiedenen Varietaeten, und bei einem
Festmahl zu seinen Ehren servierte man ihm vier davon. Batatas
hiessen die Knollen in der Sprache der Arawak-Indianer, und dieses
Wort stand Pate fuer den englischen Namen der Kartoffel - potato. In
Peru fanden sich die aeltesten archaeologischen Nachweise der
Suesskartoffel, die etwa aus der Zeit um 750 v. Chr. stammen und in
der Nekropole von Paracas entdeckt wurden.
Die Spanier brachten die Suesskartoffel ebenso wie die Kartoffel nach
Spanien mit, wo sie sie anpflanzten, und sie mundete ihnen weitaus
besser als die Grund- oder Erdbirne; bereits in der zweiten Haelfte
des 16. Jahrhunderts wurden Suesskartoffeln in Spanien, Portugal und
vielleicht auch Italien allerorten angebaut. Zu dieser Zeit war die
Pflanze in ganz Europa nicht mehr unbekannt, zumindest in botanisch
interessierten Kreisen, und wir finden sie in allen botanischen
Werken des letzten Viertels dieses Jahrhunderts, in denen die
Kartoffel nicht immer vorkommt. John Gerard, der sie in seinem
Herball von 1597 potato nennt, nannte die Kartoffel als
Verlegenheitsloesung Virginia-Kartoffel und legte damit den
Grundstein fuer die irrige Annahme spaeterer Autoren, die Kartoffel
stamme aus Nordamerika und nicht aus den Anden. Auch Shakespeare
meint die Suesskartoffel, wenn er das Wort potato verwendet, waehrend
man sie in Frankreich patate und in Deutschland Batate nannte, wo
Johann Sigismund Elsholtz in seinem Diaeteticon ueber sie schrieb:
"Diese Wurzeln wachsen von sich selbst in America / und denen nahe
daran belegenen Inseln [..] Diese anmuthige Wurzeln kommen selten zu
uns [...] Alsdan aber uebergehen sie die liebligkeit der Castanien
und der gemeinen Zuckerwurz gar weit / und waeren wehrt / dass man
sie auch bey uns zu ziehen vermoechte."
Am erfolgreichsten liess sich die Suesskartoffel dort einfuehren, wo
staerkehaltige Nahrungsmittel nicht ausreichend vorhanden waren, in
Afrika und auf den Pazifikinseln und in Indien, wo sie seit 1616
angebaut wird (und das in zahlreichen Varietaeten, doch die sogenannte
Pondicherry-Suesskartoffel ist keine, sondern eine Yamswurzel). China
erhielt die Batate vermutlich ueber spanische Haendler, die sie von
den Philippinen mitbrachten, und Japan erhielt sie von China.
Mit Ausnahme der UdSSR, wo der Suesskartoffelanbau in den 30er Jahren
forciert wurde, war man in Europa von den Knollen der Prunkwinde nur
maessig begeistert. In Suedeuropa wird sie vereinzelt kultiviert, vor
allem in Spanien, weniger in Suedfrankreich.
Im Norden Frankreichs, wo man die Suesskartoffel nicht kennt,
schreibt man dennoch Buecher ueber Nahrungsmittel. Dass Alexandre
Dumas im 19. Jahrhundert behaupten konnte, sie stamme aus Indien,
wollen wir ihm gerne nachsehen, aber es erstaunt einigermassen, die
gleiche Information von zweifelhaftem Wert in der Ausgabe der
Larousse-Enzyklopaedie von 1960 zu finden und ebenso im Dictionnaire
de l'Academie des Gastronomes von 1962.
In Lateinamerika hat die Suesskartoffel ihren Platz in der Kueche
gehalten, doch in den Vereinigten Staaten isst man sie fast nirgends
mehr, was daran liegen kann, dass Suesskartoffeln auf
pestizidbehandelten Boeden einen unangenehm muffigen Geruch annehmen,
sogar noch Jahre nach der Behandlung. Ade, soul food der Suedstaaten,
ade, Suesskartoffelgerichte des good old south.