Info, Fleisch
Braten
Für
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info
Welche Grundsaetze sind beim Braten des Fleisches zu beachten?
Fleisch besteht aus Fleischfasern und dem Fleischsafte. Erste
Bedingung ist, dem Fleischstuecke eine Kruste zu geben, damit der
Fleischsaft nicht ausfliessen kann.
Dies geschieht dadurch, dass man das Fleisch in das _kochende_ Fett
der Pfanne legt und die Oberflaeche mit dem kochendheissen Fette
uebergiesst.
_Einfaches Verfahren:_ Das zum Braten vorgerichtete Fleisch wird mit
dem hierzu noetigen heissen Fett oder Butter auf beiden Seiten
begossen und dann in die gut geheizte Bratroehre geschoben.
Wodurch bildet sich jetzt eine Kruste? Durch das Eiweiss des
Fleisches, welches durch die hohe Temperatur des heissen Fettes
gerinnt und somit einen Austritt des Fleischsaftes aus dem Fleisch
verhindert.
Jetzt maessigt man das Feuer, begiesst das Fleisch mit etwas
Fleischbruehe, damit sich kurze Sauce bildet, und nach einiger Zeit
erhaelt man einen Braten, welcher beim Anschneiden den Fleischsaft
austreten laesst und sehr saftige Stuecke liefert. Jede Koechin wird
finden, dass ein so behandelter Braten aufquillt und viel dicker
wird, wie das Stueck Fleisch war.
Wie kommt das?
Durch die Kruste, welche sich um das Fleisch gelegt hat, wird der
Austritt des Saftes verhindert. Durch die hohe Temperatur des Fettes
wird ein Teil des Fleischsaftes in Dampf verwandelt und dieser Dampf
treibt das Fleischstueck auseinander.
Man darf aber nicht in das Fleisch stechen oder schneiden, sonst
findet der Fleischsaft einen Ausgang und laeuft in die Pfanne. Man
erhaelt dann eine gute Sauce, aber kein saftiges Stueck Fleisch.
Wie hoch ist die Temperatur, welcher das Fleisch beim Braten
ausgesetzt wird? Das Fett in der Pfanne erhaelt eine Temperatur bis
150 Grad und siedet. Das Fleisch hat aussen eine Temperatur von ca.
120 Grad und ist im Inneren ungefaehr 70 Grad warm. Diese Temperatur
genuegt auch vollkommen, um das Fleisch weich zu braten, und es darf
nicht heisser werden, damit nicht auch das Eiweiss im Innern gerinnt.
Sticht man aber in den Braten, so fliesst der Fleischsaft aus; die
Temperatur steigt auch im Innern des Bratens, macht das Eiweiss
unloeslich, und das Resultat ist ein Stueck festes, lederartiges
Fleisch ohne Saft und Kraft.
Das Aroma des Bratens entsteht durch Einwirkung der hohen Temperatur
auf das Fleisch; die genauere Zusammensetzung dieser aromatischen
Zersetzungs- produkte kennt man noch nicht.
Wie lange soll das Fleisch braten? Das haengt ganz und gar von der
Natur des Fleisches ab und kann am Herde erlernt werden.
Ist der Braten fertig, so darf er nicht lange stehen, sondern muss
auf den Tisch gebracht werden, weil er sonst viel von seinem guten
Aussehen einbuesst.
Den Braten sofort nach dem Herausnehmen aus dem Ofen zu zerschneiden
ist auch nicht richtig, weil sonst der Saft beim Durchschneiden
herausfliesst. 10 bis 15 Minuten laesst man den aus dem Ofen
gekommenen Braten stehen, damit der Fleischsaft sich im Fleische
gleichmaessig verteilt. Dann bleiben auch die Bratenreste, welche
kalt genossen werden, noch saftig.
Im Anfange muss jedes zu bratende Fleischstueck einer hohen Temperatur
ausgesetzt werden, damit sich eine Kruste bildet und der Saft nicht
ausfliessen kann. Dann laesst man das Feuer etwas zurueckgehen, damit
das Fleisch innerhalb der Kruste im eigenen Fleischsafte gar wird.
Fleischstuecke garniert man haeufig mit Ei und Semmel. Dies hat den
Zweck, um scshnell eine Kruste bilden zu koennen, sonst fliesst der
Saft aus den Schnittflaechen heraus. Die Eisubstanz, dieser hohen
Temperatur ausgesetzt, gerinnt sofort und schliesst die Poren.
Das Braten und Kochen des Fleisches hat den Zweck, das Bindegewebe
zwischen den Muskelfasern locker zu machen und zum Teil in eine leicht
loesliche Substanz, den Leim, zu verwandeln.
Gebratenes Fleisch von jungem Gefluegel und vom Kalbe ist sehr leicht
verdaulich, deshalb werden diese Fleischarten als Krankenkost
bevorzugt. Wahrscheinlich beruht dies darauf, dass diese Fleischarten
wenig Fett haben. Bei traeger oder geschwaechter Verdauung hat es
sich immer gezeigt, dass fetthaltige Kost nachteilig ist.
Quelle: Dr. A. Oetker's Grundlehren der Kochkunst sowie preisgekroente
: Recepte fuer Haus und Kueche von 1895 (Nachdruck)
erfasst: Sabine Becker, 8. April 1997
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