Der andere Grund fuer die traditionelle Muschelabstinenz im Sommer
sind die Algentoxine. Das bereits erwaehnte Algengift wird im Falle
einer Algenbluete in den Sommermonaten von den Muscheln aufgenommen
und macht diese ungeniessbar, ja sogar regelrecht gefaehrlich. Jede
kleine Miesmuschel filtert mit ihrem komplizierten Lamellensystem bis
zu 50 Liter Meerwasser in der Stunde, um daraus Plankton als Nahrung
aufzunehmen. Dabei reichert sie automatisch im Falle der Algenbluete
auch deren Gift in ihrem Inneren an. Und natuerlich auch andere
problematische Substanzen, die im teilweise stark belasteten
Nordseewasser geloest sind, wie z.B. die Schwermetalle Blei und
Cadmium, Pestizide oder Salmonellen und Kolibakterien. Die Tiere
selbst sind gegen die Gifte ziemlich resistent und bauen sie
teilweise auch wieder ab.
Durch strenge, laufende Laborkontrollen muss sichergestellt werden,
dass nur Exemplare gefischt werden, die aus moeglichst wenig
belasteten Gewaessern stammen und ausserdem zum Zeitpunkt der
Entnahme in einwandfreiem Zustand sind. Diese Kontrollen werden in
Deutschland von den Veterinaeraemtern und in Holland von den
Fischereibehoerden seit zwei Jahrzehnten staendig durchgefuehrt. Die
Ergebnisse der Untersuchungen sind eher beruhigend. Das gefaehrliche
Algengift wird ebensowenig nachgewiesen wie Salmonellen oder
mineralische Schmutzstoffe. Nicht nur die Muscheln selbst, sondern
auch das Plankton, das ihnen als Nahrung dient, wird besonders
gruendlich untersucht. Hierbei geht es vor allem um die toxischen
Dinoflagellaten, die im seltenen Fall einer Algenbluete auftreten und
dann dem Muschelesser unmittelbar gefaehrlich werden koennten. Wegen
des recht kalten Wassers in der Nordsee ist mit ihrem massiven
Auftreten jedoch nicht zu rechnen, zumal die Muschelsaison sich bei
uns ja auf die beruehmten "r"-Monate beschraenkt, also die
Sommermonate ausklammert. In Laendern wie Spanien, Portugal und
Frankreich ist hingegen das ganze Jahr Muschelsaison und das Risiko
potentiell entsprechend hoeher. Die Pestizidwerte bei den oben
genannten Muscheluntersuchungen liegen weit unter den zulaessigen
Hoechstwerten im Bereich zwischen ein und zwei Tausendstel Milligramm
pro Kilogramm Muschelfleisch. Ebenfalls unter den Richtwerten - wenn
auch leider nicht immer ganz so deutlich - liegen die Ergebnisse fuer
Schwermetalle. Diese Angaben sind Mittelwerte, die Werte koennen im
Einzelfall natuerlich auch anders aussehen.