Für viele sind Mailänderli, Brunsli, Zimtsterne und anderes
vorweihnachtliches Gebäck so etwas wie die Fahrkarte zum großen
Fest. Damit das Backvergnügen nicht zu einem nervigen Marathon
ausartet, lohnt sich ein bisschen Planung und das Beachten einiger
wichtiger Backtips.
Der Brauch, in dieser kalten Zeit spezielles Gebäck herzustellen, ist
älter als das christliche Weihnachtsfest und stammt noch aus der
heidnischen Vergangenheit: Es gab bereits Festgebäck zur Zeit der
Wintersonnenwende, die regelmäßig festlich begangen wurde. Die
Gebäcke wurden in verschiedenen Tierformen - in der Symbolik von
Opfertieren - mit Hilfe von hölzernen Backformen gebacken. Als die
heidnischen Völker christianisiert und das Weihnachtsfest auf die
Wintersonnenwende gelegt wurde, behielt man das Festgebäck bei.
Zudem erfüllte es die Funktion, die Seelen noch ungetaufter Kinder
vor dem Zugriff böser Mächte zu schützen, indem man die letzteren
ausgiebig mit den süssen Leckereien fütterte. Oft hatten die
Gebäcke auch Orakelfunktion. Knackten zum Beispiel beim Backen die
Scheiter im Übermass, so galt das als Zeichen, dass es im Sommer
viele Gewitter geben würde. Oder geriet das Brauchtumsbrot zu hell,
wurde der Tod miteingebacken, und es war mit einem baldigen
Begräbnis zu rechnen. Auch unser in Laibform gebackener
Christstollen hat Symbolcharakter und steht für das in die weiße
Windel gehüllte Jesuskind in der Krippe.
Herstellung und Interpretation dieser Gebäcke war stets eine Domäne
der (weisen) Frauen - die Männer durften allenfalls mitnaschen.
Selbst leidenschaftliche Hobbyköche überlassen daher oft heute noch
Teigschaber, Backpinsel und Ausstechförmchen lieber der Damenwelt.
Und so manchem, dem traditionellen Rollenbild sonst nicht sehr
verbundenen weiblichen Wesen juckt es zuvorderst in den
Fingerspitzen, wenn die Weihnachtstage näher rücken, und
unvermittelt werden Mutters oder Großmutters Backrezepte aus der
Schublade gekramt, um die Lieben mit dem begehrten Backwerk zu
"verzuckern". Was nicht immer so einfach ist, wie es sich anhört,
will man seine ohnehin schon vollgepferchten Vorweihnachtstage nicht
noch mit dem Gützlibackstress zusätzlich belasten.
Statt am Schluß abgekämpft und lustlos in der Küche zu sitzen,
lohnt es sich demnach, den Gützlimarathon - wie jeden realistischen
Langstreckenlauf - einigermassen vernünftig zu planen, indem man zum
Beispiel einen Back- Fahrplan aufstellt. Nur so lässt sich
verhindern, dass das Gützlibacken zu einem wirklichen Einkaufs- und
Zubereitungsmarathon ausufert oder am Schluß eine Schüssel Eiweiß
oder Eigelb übrigbleibt. Manche Teige - bitte immer nur frische
Zutaten verwenden! - können (oder müssen sogar) im voraus
zubereitet werden und halten sich bis fünf Tage im Kühlschrank.
Allerdings gilt das nicht für locker-luftige Massen mit
steifgeschlagenem Eiweiß (Achtung: weitere Zutaten immer schön
vorsichtig und nach und nach unterrühren, damit der Eiweißschaum
nicht zerdrückt wird!), und selbstverständlich auch nicht für
Backpulverteige; beide müssen immer so schnell wie möglich gebacken
werden.
So ist es nun einmal beim Gützlibacken: Genauigkeit ist das A und O
und entscheidet schliesslich über Erfolg oder Misserfolg. Darum
seien hier einige weitere Tricks verraten.
Am exaktesten lässt sich mit möglichst dünnwandigen
Ausstechförmchen ohne allzu kleine Ausformungen arbeiten. Letztere
lösen sich nämlich nur schlecht vom Teig, und beim Backen werden
solche Teigpartien schneller dunkel. Klebt der Teig trotzdem mal
fest, taucht man die Form in Mehl (bei Mürbe-, Lebkuchen- und
Honigteig) oder in Zucker (bei Nuss- und anderem Eiweißteig).
Sehr rationell geht die Arbeit bei Verwendung ganzer Ausstechplatten
von der Hand, und auch der Gebrauch mehrerer Backbleche (evtl. ohne
Rand oder verkehrt herum) sowie von Backpapier lohnt sich. Letzteres
erspart das Einfetten und mühsame Reinigen der Bleche und
ermöglicht das Vorbereiten der nächsten Gützliladung, die dann
direkt auf das noch heiße Blech gezogen werden kann; dieses dann
sofort in den heißen Ofen geben, sonst zerlaufen die Gützli, und
die Backzeit leicht reduzieren, da das Blech ja schon heiß ist.
Keinesfalls sollte man Mürbeteig (z.B. Mailänderli, Spitzbuben), der
durch mehrmaliges Auswallen sehr weich und klebrig geworden ist, mit
Mehl verfestigen, sondern ihn mit Vorteil nochmals kurz kalt stellen.
So bleibt der Teig schön mürb und wird nicht hart. Falls
gewünscht, kann der Zucker bei diesem Teig auch durch flüssigen
künstlichen Süßstoff ersetzt werden, denn der Zucker spielt nur
geschmacklich, nicht aber für die Beschaffenheit des Teiges eine
wichtige Rolle.
A propos weich: Teig, der Nüsse und Eiweiß enthält, wird ebenfalls
gerne weich, was meistens an den Eiern liegt. Denn auch kleine Eier
enthalten oft einen großen Eiweißanteil; deshalb das Eiweiß immer
nach und nach beifügen.
Und schliesslich bestreicht man die Gützli vor dem Backen mit
Eigelb, das man mit etwas Milch oder Rahm verrührt hat (es lässt
sich so besser verstreichen), oder man mischt etwas Honig oder Öl
bei, damit das Dekor besonders schön glänzt.
Nach dem Backen sollten die Leckereien noch kurz auf dem Blech oder
Backpapier abkühlen, allerdings nicht zu lange, da sie sonst gerne
festkleben. Falls dies der Fall sein sollte, das Blech nochmals ganz
kurz in den heißen Ofen geben.
Anschließend das Gebäck vollständig auf einem Kuchengitter(!)
auskühlen lassen und erst dann zum Aufbewahren in eine gut
verschliessbare Blechdose geben - lagenweise mit Backpapier oder
Pergament unterteilt, falls das Gebäck eine Glasur aufweist, oder
vollständig getrennt, wenn es sich um stark gewürzte Gebäcke
handelt. Bei harten Gützli wie Chräbeli legt man zudem einen
Apfelschnitz in die Dose, damit diese nicht noch härter werden.
Übrigens: Trotz aller Festtagsstressvorsorge sollte man sich dennoch
nicht allzu früh im Dezember ans Werk machen, da etwa Konfekt und
Pralinen frisch am besten schmecken. Allerdings muss man sich darob
in der Regel keine allzu großen Sorgen machen: So manche Süssigkeit
landet nämlich ohnehin im Munde, bevor sie überhaupt den Weg in die
Dose gefunden hat...
Freispruch für Ernährungssünden...
Keine Ernährungssünden erhalten die gute Laune. Was wir längst
wissen, gibt nun auch die wissenschaft zu. Lust auf Schokolade lässt
sich nicht mit Schrotbrötchen stillen, und der Einkaufszettel kann
ernährungstechnisch noch so ausgetüftelt sein, wenn in der Vitrine
die Schwarzwäldertorte lockt, werden wir (fast) alle schwach.
Ernährungswissenschaftler raten nun, vermehrt auf die Zeichen des
Körpers zu achten. Haben wir Appetit auf Fleisch, so könnte ein
Eisenmangel der Grund dafür sein. Fehlt uns der Stimmungsmacher
Serotonin, ein Botenstoff in unserm Gehirn, wächst die Lust auf
süsse Sünden. Ab und zu mal genussvoll über die Schnur hauen hat
also durchaus seine Berechtigung - und seinen Reiz!