Wildfleisch hat in der altpolnischen Küche eine grosse Rolle
gespielt und bei keinem grösseren Festmahl gefehlt.
Auch heute noch ist Wildbret ein Leckerbissen für polnische
Feinschmecker, kommt aber erheblich selterner auf den Tisch, es sei
denn, in der Familie gibt es einen Jäger (Mitglied eines der
zahlreichen Jagdklubs) oder einen Förster.
Spezialgerichte der altpolnischen Küche, wie als Ganzes
gebratene Wildschweine, Wisente und Elche, wie Bärentatzen und
Windfänge vom Elch, sind nur noch in der altpolnischen Literatur zu
finden.
Rehe, Hasen, Fasane, Rebhühner, Wachteln und Wildenten dagegen
werden in der Jagdsaison verkauft und sind stets sehr gefragt.
In der polnischen Küche wird die Bratensosse von Wildfleisch
gerne mit erstklassiger dicker Sahne verfeinert, die das
charakteristische Aroma des Wildfleischs und seinen Geschmack diskret
unterstreicht und hebt. Nach Ansicht von Feinschmeckern tut
sie dies mit oft besserem Erfolg als der erheblich aggressivere
Wein, vor allem, wenn er in zu grossen Mengen zugegeben wird.
Sahne und Wein, in richtigen Proportionen verwendet, ergänzen
sich übrigens vorzüglich.
Zu den Gewürzen, die in der polnischen Küche bei der
Zubereitung von Wildbret bevorzugt werden, gehören in
erster Linie getrocknete Wachholderbeeren. Sie werden jedoch mit
äusserster Sparsamkeit verwendet, damit sie das natürliche Aroma
und den typischen Geschmack der Gerichte nicht überlagern.
Für die Marinaden, die bei Zubereitung des noch ungenügend
"reifen" und mürben Fleisches unerlässlich sind wird in der
erleseneren Küche der Essig moglichst gemieden. Meist bilden
Zitronensaft und Wein sowie eine passende Komposition von
Gewürzen und Gemüse die Grundlage.
Bevorzugte Beigaben zu Wildfleisch und Wildbraten sind in
Polen Preiselbeerkonfitüre, Roterübengemüse sowie mässig mit
Rotwein oder erstklassigem, selbstbereitetem Weinessig gesauerten
Rotkohl.
Klassische Saucen zu Wildfleisch sind Wacholder- und Hagebuttensauce.
Nach: Maria Lemnis, Henryk Vitry, Altpolnische Küche und
polnische Tischsitten, Verlag Interpress Warszawa 1979, ISBN
83-223-1817-0
26.03.1994 (Rg)