Beat Wuethrich in Weltwoche 12/1997 MM: Rene Gagnaux
Beachten: die Mengenangaben im Text beziehen sich auf einer
Zubereitung fuer zwei Personen.
Originalton:
Was soll's, und keine Aufregung, bitte! Spaetestens am Ostermontag
werden Sie sich aufregen ueber diese Ostereier (von Huehnern
beziehungsweise vom Osterhasen) und jene Ostereier (von
Schokoladefabrikanten beziehungsweise vom Osterhasen). Essen Sie mal
kraeftig! Und wenn Sie endgueltig genug davon haben, befolgen Sie
meine Ratschlaege fuer einen scharfen Eiergratin und fuer den besten
Schoggikuchen der Welt. So werden Sie Ihre Ostersorgen los.
Fuer den Gratin brauchen Sie nichts anderes als hartgekochte Eier,
Ostereier eben, Butter, Rahm, Meerrettich, Kaese und
Standard-Wuerzemacher. Ich erklaere Ihnen das Rezept fuer zwei
Personen. Sechs hartgekochte Eier schaele ich, indem ich sie zuerst
ein paarmal auf eine harte Flaeche schlage, anschliessend in meinen
Haenden rolle; dann entferne ich die Schalen problemlos.
Dass ich diese Schaelweise einer alten Prostituierte verdanke, die
sich in Bars hauptsaechlich von harten Eiern ernaehrte, geht
niemandem etwas an. (Elsie, ob's bei dir im Himmel wohl auch Eier zu
schaelen gibt?)
Die sechs Eier sind nun geschaelt. Ich schneide sie in
halbzentimeterdicke Scheiben, belege damit den Boden einer kleinen,
ausgebutterten Gratinform. Darauf streiche ich einen Essloeffel
frisch geriebenen Meerrettich. Es ist erstaunlich wie harmonisch oder
ergaenzend sanfte Eier und scharfer Meerrettich miteinander umgehen.
Wenn Sie keine frische Meerrettichstange auftreiben koennen, greifen
Sie getrost auf ein Glaeschen zurueck. Doch das Schaelen, das Reiben
und die traenenden Augen und das Niesen entfallen dann; Sie verpassen
die Erlebniskocherei. Nun gut, Sie geben, wie auch immer, Meerrettich
ueber die Eierscheiben, Salz und Pfeffer aus der Muehle, ein Hauch
Muskat und zwei Essloeffel frisch geriebenen Gruyere. Anschliessend
weiter so, bis alle Eierscheiben aufgebraucht sind. Zuoberst auf
jedem Fall: Eier, Meerrettich und Kaese. Ein hartgekochtes Ei, das
letzte also von sieben, mixe ich mit anderthalb Deziliter Rahm, Salz,
Pfeffer, Muskat und etwas Meerrettich, giesse die dickliche
Fluessigkeit ueber den Gratin. Die Form fuer eine Viertelstunde in
die Mitte des auf 200 Grad vorgeheizten Ofens.
Zu diesem Abendessen, das natuerlich nicht gerade cholesterinarm ist,
schmeckt als Begleitung gruener Salat mit einer
Essig-Olivenoel-Vinaigrette.
Als Getraenk empfehle ich Pinot noir, der sowohl zu hartgekochten
Eiern als auch zu Meerrettich passt.