Für
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Das Kochen der Gemuese hat den Zweck, diese fuer den menschlichen
Organismus leichter verdaulich zu machen. Vollstaendig gereinigt legt
man sie in die _kochende_ Fleischbruehe oder in kochendes, leicht
gesalzenes Wasser und ueberlaesst sie so lange der Siedetemperatur,
bis sie weich sind.
Auch hier ist es wichtig, dass der Pflanzensaft in den Blaettern
bleibt, denn mit kaltem Wasser ausgelaugt, bleibt nichts zurueck, wie
ein geschmackloses Zellengewebe.
Um dem Gemuese die schoene gruene Farbe zu erhalten, muss man
_kochende_ Fleischbruehe verwenden und darf den Deckel nicht auf den
Topf legen. Der Dampf mit seinen fluechtigen Bestandteilen muss
entweichen koennen.
Die gruene Farbe ruehrt her von dem in den Zellen befindlichen
Blattgruen, und dieses Blattgruen behaelt seine Zusammensetzung nur
bei obigem Verfahren.
Die scharfen Bestandteile des Blattgruens werden durch schnelles
Abkochen zersetzt.
Alle gruenen Gemuese, alle Kohlarten und Rueben muessen in ihrem
eigenen Safte gekocht werden, damit sie, ebenso wie das Fleisch,
ihren Naehrwert behalten. Viele dieser Gemuese geben an kochendes
Wasser faerbende und uebelriechende Stoffe ab. Um diese Stoffe zu
entfernen, werden diese Gemuese abgebrueht und das Wasser dann
abgegossen.
Uebergiesst man die gruenen Gemuese mit kochendem Wasser, so laesst
sich im Dampfe das sehr unangenehm riechende Schwefelwasserstoffgas
nachweisen.
Giebt man in die Fleischbruehe oder in das Wasser, welches zum Kochen
der Gemuese benutzt werden soll, einen halben Theeloeffel voll Dr.
Oetker's Kochpulver, so werden die Gemuese viel schneller weich und
viel verdaulicher. Z.B. Spinat, Gruenkohl, Schwarzwurzel, Weisskraut.
Das Kochen der gruenen Gemuese veranlasst zuerst das Absterben der
vorher lebenden Zellen. Der Zellsaft fliesst aus und Wasser dringt in
die Zellen. Am besten erkennt man dies beim Kochen der roten Rueben.
In kaltes Wasser gelegt bleibt das Wasser hell, kocht man jedoch, so
fliesst der rote Saft der Zellen in das umgebende Wasser.
Eine weitere Einwirkung der Hitze ist das Gerinnen des Eiweisses und
ein Aufquellen der Staerkemehlkoerner, welche fast in allen Gemuesen
mehr oder weniger sich finden.
Der Naehrwert der Gemuese ist ein geringer und werden sie nur als eine
angenehme Zuspeise genossen; sind aber trotzdem fuer das Wohlbefinden
von grosser Bedeutung, weil sie mit den Nahrungsstoffen den Magen
fuellen und hierdurch das angenehme Gefuehl der Saettigung
hervorrufen.
Einige dieser Gewaechse werden nur wegen ihrer eigentuemlichen
Bestandteile auf den Tisch gebracht. So ruehrt der sauere Geschmack
des Sauerampfers vom saueren oxalsauren Kalk her. Der Kopfsalat
enthaelt saueres zitronensaures Kalium. Der scharfe Geschmack des
Rettigs, der Radieschen, der Zwiebeln und des Merrettig ist bedingt
durch Senfoel. Diese Kraeuter und Salate sind also Genussmittel, aber
keine Nahrungsmittel.
Das Einsalzen geschieht bei Kohl, Bohnen, Rueben und Gurken; Kohl und
Bohnen werden nach dem Zerschneiden mit Salz und Gewuerzen in einem
Fass eingestampft. Das Salz entzieht dem Gemuese einen Teil des
Wassers und bildet eine Salzlake. Die Menge des angewandten Salzes
ist aber nicht gross genug um eine Gaerung zu verhindern. Es findet
eine Milchsaeure-Gaerung statt und die entstandene Milchsaeure wirkt
faeulnishemmend. Aus diesem Grunde haben Sauerkohl und Fassbohnen
einen saueren Geschmack.
Gurken und rote Rueben werden mit Essig und Gewuerzen eingemacht. Hier
verhindert der Essig das Verderben.
Quelle: Dr. A. Oetker's Grundlehren der Kochkunst sowie preisgekroente
: Recepte fuer Haus und Kueche von 1895 (Nachdruck)